Die Eingewöhnung im Kindergarten
Eltern-Tipps für einen sanften Übergang
Lesezeit: 04:00 Min.
Die ersten Tage im Kindergarten sind etwas Besonderes – für alle Beteiligten, aber vor allem für Ihr Kind. Damit es sich schnell einleben und bald in der neuen Situation wohlfühlen kann, ist eine sensible Eingewöhnung zu Beginn unverzichtbar. Dieser Artikel zeigt Ihnen auf, wie sie diese Phase des Übergangs möglichst positiv für Ihr Kind gestalten und welchen Beitrag Sie als Eltern dafür leisten können.
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Grundsätzlich gibt es für die Eingewöhnungsphase eines Kindes im Kindergarten kein Patentrezept, denn jedes Kind hat individuelle Bedürfnisse, Gewohnheiten, Vorlieben und Abneigungen. Immer jedoch geht es in dieser Zeit darum, ein Gleichgewicht zwischen der neuen Umgebung und den Ablösungsetappen zwischen Kind und Elternteil zu finden. Die Eingewöhnung ist damit ein dreiseitiges Unterfangen: Kind, Elternteil und Kindergartenfachkraft sind gleichermaßen daran beteiligt. Eine enge und stetige Abstimmung zwischen Pädagogen und Eltern im Sinne des Kindes sollte die Basis für einen gelingenden Übergang in den Kindergarten sein.
Nur die Ruhe! Eine Eingewöhnungsphase braucht Zeit. Sie darf gut und gern zwei bis drei Wochen dauern — hin und wieder auch länger. Verschaffen Sie sich also beruflich ausreichend freie Tage dafür.
Nehmen Sie sich ausreichend Urlaub für die Eingewöhnung. Es ist kontraproduktiv, wenn in einer gut laufenden Eingewöhnung plötzlich Druck entsteht. Selbst wenn Ihr Kind ’nur’ den Kindergarten wechselt, sollten Sie sich ebenfalls Zeit für eine Eingewöhnung nehmen, ganz unabhängig vom Alter des Kindes aber orientiert an seinem Bedürfnis.
Ganz wichtig: wählen Sie eine Einrichtung aus, in der die Bedürfnisse der Kinder an oberster Stelle stehen. Das sogenannte „Berliner Modell“ zum Beispiel ist ein, am Kind und dessen Bedürfnissen orientiertes, Konzept zur Eingewöhnung. Einrichtungen, die nach diesem Modell arbeiten, legen Wert auf eine behutsame Eingewöhnung in dem Zeitrahmen, der dem Kind gut tut um anzukommen und sich von den Eltern zu lösen. Mehr dazu gibt es hier.
Was ist vor der Eingewöhnung wichtig?
Mama und Papa können eine Menge zum guten Start in die Kindergartenphase beitragen: Im Vorfeld der Eingewöhnung Ihres Kindes in den Kindergarten ist es wichtig, bereits mit den Erziehern in den Kontakt zu treten. Persönliche Gespräche über Ihr Kind können eine gute Basis für ein harmonisches Zusammenwirken zwischen dem Kindergarten und Ihnen als Eltern sein. Sprechen Sie also schon im Vorfeld einmal darüber, was Ihr Kind liebt, wo es gerade steht, wie es beschaffen ist.
Sie sind ein Team, nicht Kunde und Dienstleister!
Sprechen Sie das Vorgehen der Eingewöhnung möglichst genau mit den Pädagogen ab. Ziehen Sie gemeinsam an einem Strang!
Idealerweise stimmen Sie auch den Eingewöhnungszeitpunkt gut mit dem Kindergarten ab. So kann die Bezugsperson sicherstellen, in dieser Anfangsphase möglichst durchgehend anwesend zu sein. Sprechen Sie auch das Vorgehen der Eingewöhnung möglichst genau mit den Pädagogen ab. Wenn etwas unklar ist, fragen Sie nach. So haben alle mehr Sicherheit vor dem Start!
Wie kann ich mein Kind zuhause vorbereiten?
Am wichtigsten ist, dass Sie Ihrem Kind die Sicherheit geben, die es für den Übergang braucht. Sicherheit kann es zum Beispiel dadurch erhalten, indem Sie im Vorfeld mit Ihrem Kind über den bevorstehenden Start in die Kindergartenzeit sprechen. Erzählen Sie Ihrem Kind, wie ein Kindergartentag aussieht, lesen Sie ihm Bücher über Kinder vor, die in den Kindergarten kommen. Schlendern Sie einfach mal zusammen an der Einrichtung vorbei. So bekommt Ihr Kind schon eine Vorstellung davon, was es dort erwartet.
Ein Briefwechsel mit der zukünftigen Kindergartengruppe lässt im Vorfeld ein persönliches Band zu den Pädagogen und Kindern entstehen, auf die Ihr Kind im Kindergarten dann trifft. Ein schönes Ritual ist es auch, gemeinsam den Rucksack für den ersten Kindergartentag zu packen. Das steigert die Vorfreude!
Wie Sie mit der Situation umgehen, hängt natürlich vom Alter und Entwicklungsstand Ihres Kindes ab. Schauen Sie einfach, was für Sie und Ihr Kind passt. Wichtig ist, dass Ihr Kind Sie und sein neues Umfeld als verlässlich erlebt. Halten Sie sich daher grundsätzlich an Absprachen, die Sie mit Ihrem Kind getroffen haben. Das stärkt.
Wie kann ich eine enge Verbindung zu meinem Kind halten?
Die Mutter-Kind-Beziehung ist die wohl wichtigste Bindung im Leben eines kleinen Menschen. Sie beginnt bereits im Mutterleib und begleitet durch alle Lebensphasen. Auch während des Loslöseprozesses kann die Mutter die enge Bindung zum Kind halten, zum Beispiel über ein Sicherheit gebendes Ritual oder Symbol wie dieses:
Bevor Mama für eine halbe Stunde “unterwegs” ist, können sich beide ein Blatt vom Baum teilen. Beide — Mutter und Kind — bewahren je einen Teil davon in der Hosentasche auf. Das verbindet sie auch in der Abwesenheit und es gibt dem Kind Halt. Es symbolisiert: Mama kommt zurück. Das gleiche Ritual taugt natürlich auch für Papas 😉.
Ein ‘Stück Zuhause’ mitgeben
Vertraute, positiv assoziierte Gegenstände erleichtern Ihrem Kind die Eingewöhnung. Denn sie schaffen eine Verbindung mit seinem Zuhause: Sei es ein Kuscheltier, ein Schnuffeltuch oder das eigene Kopfkissen.
In einigen Kindergärten hat jedes Kind einen Platz im Gruppenraum für ein eigenes Familienfoto. Das ist eine schöne Möglichkeit, Mama und Papa im Kindergarten dabei zu haben.
Wie gelingt uns Eltern das ‘Loslassen’?
Aufgrund der engen Bindung zu Ihnen spürt Ihr Kind natürlich, wie es Ihnen mit der neuen Situation geht. Dadurch merkt es oftmals auch, wenn Mama und Papa selbst unsicher sind. Gehen die Eltern gestärkt und mit Sicherheit in die neue Lebensphase, dann wird auch das Kind gestärkt. Schenken Sie Vertrauen in ihr Kind und die neue Situation, dann vertraut auch Ihr Kind in sich und seine neue Umwelt.
Und auch, wenn es vielleicht schwer fällt: Halten Sie sich während der Eingewöhnung eher im Hintergrund. Seien Sie gleichzeitig der sichere Hafen, in den Ihr Kind zurückkehren kann, wenn es Sicherheit braucht. Aber seien Sie kein Beiboot, sondern ein Hafen.
Wie gestalten wir den neuen Alltag?
Versuchen Sie, Ihr Kind in der Zeit nach der Eingewöhnung zeitig abzuholen, damit es sich langsam und allmählich an den neuen Rhythmus gewöhnen kann. Fest steht: der Übergang in die Kindergartenzeit verändert den Familienalltag. Sie haben automatisch weniger Zeit miteinander. Doch nachmittags, nach dem Kindergarten, bleibt noch immer genug Zeit für gemeinsame, schöne Erlebnisse wie etwa Eis essen, in den Zoo gehen oder Ähnliches. Das kann in den Augen des Kindes eine „Abmachung“ sein, die Verlässlichkeit und Sicherheit schafft. Auch die Eltern haben dann etwas, worauf sie sich freuen können; nämlich auf ihr Kind, das Eis und die gemeinsame Zeit.
Verändert sich mein Kind, wenn es in den Kindergarten geht?
Vorübergehend kann Ihr Kind sein Verhalten zuhause ändern. Das ist aber kein Grund zur Sorge. Sie als Eltern sollten sich vielleicht darauf einstellen, dass Ihr Kind nachts häufiger als gewohnt ins Elternbett kommt. Durch das nächtliche Schlüpfen ins Familienbett holen sich Kinder Geborgenheit und Sicherheit in der Nacht, die sie brauchen um am nächsten Morgen gestärkt in den Kindergartentag zu starten. Wie vorübergehend das ist, hängt vom Kind ab: Spätestens als Schulkind, allerspätestens zu Beginn der Pubertät geht auch das vorbei.
Die Zusammenarbeit mit dem Kindergarten
Bauen Sie als Eltern zu den Fachkräften im Kindergarten einen harmonischen und wertschätzenden Kontakt auf. Schließlich sind sie es, die Ihren Nachwuchs betreuen und begleiten bei all dem, was er täglich erlebt. Ihr Verhältnis hat einen wesentlichen Einfluss auf Ihr Kind, denn gerade in der frühkindlichen Phase orientiert es sich stark an den Eltern. Wenn Sie Vorbehalte gegenüber den Pädagogen offen zeigen, wird auch Ihr Kind eher Schwierigkeiten haben, sich auf sie einzulassen.
Ihr Kind folgt Ihren Gefühlen
Stellen Sie sich in ein offenes, wohlwollendes Verhältnis zu den Pädagogen, dann fällt es intuitiv auch Ihrem Kind leicht, diesen Menschen ihr Vertrauen zu schenken. Kinder haben ’sehr feine Antennen’.
Unterstützen Sie deshalb aktiv den Beziehungsaufbau. Ermutigen Sie es, sich auf die ‚großen Menschen‘ im Kindergarten einzulassen. Tauchen bei Ihnen Bedenken oder Sorgen auf, dann besprechen Sie diese offen mit den Pädagogen und streben eine gemeinsame Lösung an. Bedenken Sie: Sie sind die Experten für Ihr Kind. Daher hören Sie auf Ihre Intuition und vertrauen Sie darauf!
Der Wechsel von der Krippe in den Kindergarten
Auch wenn der Übergang in der gleichen Einrichtung passiert: Der Wechsel von der Krippe zum Kindergarten bedarf einer neuen Eingewöhnung. Oftmals organisieren das die Mitarbeitenden innerhalb der Einrichtung unter sich. Lassen Sie sich trotzdem das Konzept der “Eingewöhnung innerhalb der Kita” einmal genau erklären. Gegebenenfalls können Sie auch in dieser Phase Ihr Kind vor Ort unterstützen.
Es beginnt in Ihrem Kopf!
Dieser Artikel richtet sich aus gutem Grund vor allem an Sie als Eltern. Ihnen kommt hier nämlich eine Schlüsselrolle zu: Wenn Sie ‘Mindset-Arbeit’ leisten, indem sie ihrem Kind vertrauen, sich selbst und ihren Entscheidungen vertrauen, den Pädagogen vertrauen und aktiv das Loslassen üben, dann kann Ihr Kind sanft und vertrauensvoll in seine Kindergartenzeit starten. Machen Sie es sich selbst und Ihrem Kind leicht. Entscheiden Sie sich: dann klappt‘’s.
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute für die Zukunft. Bis bald.
Ihr
Marcell Heinrich